IG-Ost-Anbindung: Projektstreichung wäre verheerendes Signal an die Unternehmen
GVO-Umfrage: Rund 90 Prozent der befragten Betriebe sehen Streichungspläne des Gemeinderats für zusätzliche Anbindungstrasse kritisch – „Wettbewerbsnachteile, Staus und Unfallrisiken durch hohes Verkehrsaufkommen lassen sich nicht streichen“
Mit großer Mehrheit wenden sich die im Industriegebiet Ost ansässigen Mitgliedsunternehmen des Gewerbeverbands Oberzentrum e. V. gegen die geplante Streichung einer zweiten Verkehrsanbindung an ihrem Standort: So führen die an der Umfrage teilnehmenden 33 Betriebe massive Sorgen hinsichtlich anhaltender Wettbewerbsnachteile und Einschränkung ihrer Geschäftstätigkeit ins Feld und fordern die Politik dazu auf, zu früheren Aussagen und Versprechen zu stehen. „Die faktisch vorhandenen Probleme lassen sich eben nicht einfach mit dem Haushaltsrotstift streichen“, kommentiert GVO-Präsident Joachim Müller.
„Wir haben nun noch einmal explizit das getan, was die Politik eigentlich schon längst hätte tun müssen, nämlich mit den eigentlich Betroffenen direkt zu sprechen, um die Folgen einer Streichung der bereits bewilligten Anbindung des IG Ost an die B 523 aus deren Sicht kennenzulernen“, führt Müller weiter aus. Mit einer offen formulierten Umfrage zu den Streichungsplänen wandte sich der GVO in den vergangenen Tagen an die Unternehmen mit Sitz im betroffenen Industriegebiet, um dieses Versäumnis der Fraktionen nachzuholen. Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache: So halten rund 90 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen aller Größenordnungen die Streichung des Projekts für einen Fehler, weil die zusätzliche Anbindung dringend benötigt werde.
Dass es dabei beileibe nicht nur um einige wenige Lkw gehe, die in der Mehrzahl auf die B 27 abfahren, wie dies von der Fraktion der Grünen behauptet wird, geht aus den genannten Problemlagen der befragten Unternehmen klar hervor. So würden täglich Mitarbeiter und Lieferanten in langen Staus stehen, was für Produktionsabläufe zu einem Problem werde. Über 80 Prozent der Unternehmen, die durch die aktuelle Verkehrssituation Probleme für sich konstatieren, bemängeln die schwierigen Verkehrswege, die vor allem zu- und abfahrende Mitarbeiter durch das Stadtgebiet Schwenningen zwingen würden. 71 Prozent der Antwortenden mit einer Betriebsgröße über 100 Mitarbeiter gaben an, dass eine störungsfreie Logistik starken Einfluss auf den Erfolg ihres Unternehmens hat. Eine zusätzliche Anbindung wäre demnach nicht nur für die reibungslosere Logistik (von 55 Prozent genannt) wesentlich, sondern auch für den Pendlerverkehr (von über 75 Prozent genannt), der die Strecken rund um den Kreisverkehr zusätzlich stark belastet. 64 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie eigene Betriebsfahrten nur mit einer weiteren Anbindung endlich ohne Probleme erledigen könnten. Für zwei der im IG Ost ansässigen Unternehmen wäre die Streichung der projektierten, zusätzlichen Zufahrt eine so große Einschränkung, dass sie sich eventuell um einen anderen Standort kümmern müssten. Weitere rund 48 Prozent der Antwortenden erleben die dann fortbestehenden Probleme als klaren, messbaren Wettbewerbsnachteil. Nur 30 Prozent gaben an, dass sich für sie durch eine zusätzliche Anbindung keine Veränderungen ergeben würden.
In Detailantworten machten sich etliche der Umfrageteilnehmer auch Luft über die grundlegenden Unzulänglichkeiten in der Ausgestaltung des Verkehrskonzepts für diesen Bereich der Stadt: So nannte einer der Beteiligten die Anbindung alternativlos, selbst wenn eine Abbiegespur samt Kreisel im Bereich B 27 / Kreuzung Mühlhausener Straße vorhanden wäre – die Verkehrsbelastung sei einfach zu groß. Eine Entlastung vom massiven Pendlerverkehr mit bis zu 5000 Fahrzeugen täglich kann sich ein weiterer Teilnehmer allenfalls durch ein sehr attraktives ÖPNV-Angebot vorstellen. Der Kreisverkehr sei als einzige Zufahrt zum und vom Industriegebiet bereits bei kleinen Unfällen blockiert und keine Ausweichroute verfügbar, bilanzierten weitere Teilnehmer. Betriebe mit Publikumsverkehr fürchten eine Abwanderung ihrer Kunden durch die anhaltend schlechte Verkehrssituation.
Für das Briefzentrum der Deutschen Post im IG Ost verwies der hierfür verantwortliche Leiter der Niederlassung Reutlingen, Stephan Kirschke, ausdrücklich auf die Folgen eines Wegfalls der zusätzlichen Anbindung allein für diesen Logistikbetrieb: „Die neue Anbindung an die B 523 spart allein der Deutschen Post weit mehr als 100.000 LKW-Kilometer, überwiegend durch bebaute Regionen, ein.“
„Angesichts des klaren Umfrageergebnisses sehen wir aktuell keine Alternative zu einer zweiten Anbindung, wie auch immer diese aussehen könnte, die nun einfach ersatzlos entfallen soll“, so das Fazit von GVO-Geschäftsführer Carsten Dörr: „Wenn hier nun der Rotstift angesetzt wird, ohne tragfähige Alternativen zu skizzieren, kann das vielleicht den Haushalt 2021 entlasten: Das Signal der Politik an die nach wie vor belasteten Unternehmen im IG Ost, bei denen man im Wort steht, wäre aber einfach schlecht.“